Potsdam West. Der ehrgeizige Zeitplan für die Sanierung und den Ausbau des Lottenhofs zum Nachbarschafts- und Begegnungszentrum für Potsdam West und die Brandenburger Vorstadt ist nicht mehr zu halten. Eigentlich sollte der große Saal der früheren Ausflugsgaststätte Charlottenhof am Südeingang zum Park Sanssouci Ende Juli bis auf das Skelett der tragenden Konstruktion mit den markanten Pylonen abgetragen sein.
Zieltermin für den Wiederaufbau war der 30. September 2024. Dann endet der Bewilligungszeitraum von knapp zwei Millionen Euro, die über das Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ zur Verfügung stehen – zusammen mit einer weiteren Million Euro aus dem Budget der Landeshauptstadt. Dann sollte der heute hinter wucherndem Grün versteckte Saal mit Panoramafenstern zu drei Seiten wieder so gestaltet sein, wie ihn ältere Potsdamer noch aus den 1970er und 1980er Jahren kennen.
Verzögerungen wegen Personalmangels im Rathaus
Bisher ist nicht einmal absehbar, wann mit dem Bau begonnen wird. Verzögerungen gab es schon bei der Besetzung der Projektkoordination und bei der Bestätigung des Erbpachtvertrages mit der Schlösserstiftung, die das Grundstück in einem einmaligen Vorgang für 60 Jahre an die Stadt überträgt, durch die Stadtverordneten. Gründe waren laut Stadtverwaltung unter anderem Personalmangel und der Ukrainekrieg.
Die Vergabe der Projektsteuerung aber ist im ersten Versuch gescheitert. Das hat Laura van Altena, im Vorstand des Stadtteilnetzwerks Potsdam West für die Begleitung des Sanierungsprozesses zuständig, jetzt auf MAZ-Anfrage bestätigt. Diskutiert wird nach ihren Angaben nun eine interne Vergabe der Projektsteuerung an die kommunale Pro Potsdam-Holding. Parallel werde eine erneute Ausschreibung vorbereitet, die aber ein weiteres halbes Jahr in Anspruch nehmen würde.
Die Pro Potsdam wollte sich auf MAZ-Anfrage nicht dazu äußern. Einzige Stellungnahme: „Dazu können wir Ihnen leider keine Auskunft geben.“ Auch die Stadt ging auf die Frage der MAZ zur Pro Potsdam nicht ein, teilte aber mit, dass an einem beschleunigten Verfahren gearbeitet werde: „Während die erfolglose Vergabe der Projektsteuerung zunächst nur die ersten Planungsstufen umfasste, wird nun eine Vergabe aller Planungs- und Leistungsstufen des Sanierungsvorhabens durchgeführt, um weitere Zeitverzögerungen zu vermeiden.“
(Bild 1 – Der Saal des früheren Restaurants Charlottenhof. Die Decke wird bis zur Sanierung mit Stützen stabilisiert. Quelle: Julius Frick)
Bei der kritischen Frage nach der Frist für die bewilligte Bundesförderung setzten Stadt und Stadtteilnetzwerk gleichermaßen auf Verständnis beim zuständigen Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Das Institut sei über alle Verzögerungen und die Gründe dafür informiert, sagt Laura van Altena. „Dem BBSR wurde regelmäßig von den Herausforderungen zur Krisenbewältigung sowie zum Verzug des Bauvorhabens berichtet“, sagt Rathaussprecherin Juliane Güldner.
Das BBSR bestätigte auf MAZ-Anfrage Spielraum. Projektänderungen bedürften aber „grundsätzlich der Schriftform“, teilte Stabdirektor Christian Schlag mit: „Entsprechende Anträge sind durch die Kommune an das BBSR zu richten. Das BBSR entscheidet auf Basis der Anträge, im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten, über die Gewährung von Projektänderungen.“
Das Stadtteilnetzwerk Potsdam West hatte das Grundstück mit dem vom Abriss bedrohten Gebäudekomplex 2013 mit ersten Veranstaltungen ins städtische Leben zurück geholt. Der Bau vom Ende der 1960er Jahre gilt als Unikat, als „architektonisches Juwel der Ostmoderne“, so Kulturministerin Manja Schule (SPD) als Schirmherrin des Wiederaufbauprojekts.
In den 1990er Jahren gab es im Saal mit dem „Charly“ eine beliebte Discothek, die Gaststätte wurde zuletzt bis 2010 von einer Trattoria bewirtschaftet. Seither galt das Gebäude als „Lost Place“, als verlorener Ort. 2021 beschlossen die Stadtverordneten den Wiederaufbau.
Offen ist die Trägerschaft des künftigen Nachbarschafts- und Begegnungszentrums. Die Übernahme durch die Arbeiterwohlfahrt ist laut Laura van Altena vom Tisch. Zur Debatte stünden aktuell der Betrieb durch das Stadtteilnetzwerk allein oder zusammen mit Partnern sowie – ähnlich wie beim Treffpunkt Freizeit mit der Kubus gGmbH – der Einstieg eines externen Partners.
Klärungsbedarf gebe es auch bei der Gastronomie. Eine Zusammenarbeit mit einem kommerziellen Partner wie beim Treffpunkt Freizeit sei beim Lottenhof im Zusammenhang mit der Förderung ausgeschlossen. Favorisiert werde die Partnerschaft mit einer sozialen Einrichtung.
Dringenden Handlungsbedarf gebe es bei der aktuellen Versorgung des Lottenhofs. Der Foodtruck, der das Nachbarschaftszentrum immer mittwochs bis sonntags versorgt, werde im Herbst „nicht mehr vor Ort sein“, sagt Laura van Altena: „Wir schauen gerade, wie wir mit dieser Situation umgehen.“