Brandenburger Vorstadt. Das Nachbarschaftshaus im früheren
Ausflugsrestaurant „Charlottenhof“ an der Geschwister-Scholl-Straße wächst
in kleinen Schritten. Nachdem die Aktivisten des Stadtteilnetzwerks
Potsdam-West das verwahrloste Grundstück seit 2014 in mehreren
Arbeitseinsätzen mit vielen freiwilligen Helfern entrümpelt und vom
Wildwuchs befreit haben, soll nun zweigleisig gefahren werden.
Möglichst ab Ostern soll das Gelände neben und hinter dem Gebäude in
einen Park verwandelt werden. Im Konzept, das Netzwerk-Aktivist Daniel
Zeller der MAZ vorstellte, finden sich nach einem Vorentwurf ein CaféGarten, ein Obstbaumhain, ein Grünes Klassenzimmer, eine Relax-Arena,
eine Bühne, Nachbarschaftsbeete, eine Werkstatt mit Pergola sowie ein Duftund Heilgarten.
Voraussetzung für die Öffnung der 5000 Quadratmeter großen Anlage für alle
Interessierten ist ein rund 200 Meter langer Bauzaun, um das Gebäude
abzusperren. Das Stadtteilnetzwerk holt laut Zeller Angebote ein, hofft aber
auch auf die Hilfe von Sponsoren. Parallel zur Erschließung der Grünanlagen
sollen die Pläne für die Sanierung des Baus vorangetrieben werden, zu dem
mit seinem 300 Quadratmeter großen Saal eine der größten Hallen des
Wohngebiets zählt.
Das Ausflugsrestaurant „Charlottenhof“ wurde zwischen 1969 und 1971 errichtet. Markantes Detail sind vier Stahlmasten mit einer Seilkonstruktion, an der das Dach des Saals befestigt ist. Nach Angaben von Joos van den Dool, Vorstandsmitglied des Stadtteilnetzwerks, wurde die Tragfähigkeit der Pylonen zuletzt 2010 im Auftrag der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten überprüft. Eröffnet wurde das bei Potsdamern und Touristen rasch gleichermaßen
beliebte Restaurant im Juli 1971. Bis in die 1990er Jahre gab es im Saal eine
Discothek namens „Charly“, um 2010 gab mit einer Trattoria der letzte
Nutzer auf. Nach Recherchen der Initiative Metropolar war das Gebäude für
den Abriss vorgesehen.
Das Stadtteilnetzwerk wurde Ende 2013 auf das leer stehende Restaurant
aufmerksam bei der Suche nach Alternativen für das zeitweilig in seiner
Existenz bedrohte Kunst- und Atelierhaus „Scholle 51“. Im Gegensatz zu
dieser ersten „Scholle“ richtete sich der Fokus beim „Charlottenhof“ aber von
Anfang an auf die Nutzung als Nachbarschafts- und Begegnungszentrum.
Stichworte eines ersten Konzeptes sind die Nutzung als „Helle-Haus“ für
Gesundheit und Familie, als „Netzwerk-Haus“, „Werk-Haus“, „Studiohaus“,
„Bühnenhaus“, „Gastro-Haus“ und „Außer-Haus“, womit der
Gemeinschaftsgarten gemeint war. Seit 2014 gibt es Kontakte zur
Schlösserstiftung, der Eigentümerin des Grundstücks, die das Projekt
wohlwollend begleitet. Im vergangenen Jahr wurde eine „Letter of Intent“
genannte gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet, auf deren Basis
schließlich ein Vertrag zur langfristigen Entwicklung der „Scholle 34“
ausgehandelt werden könnte.
Noch sind laut Zeller grundsätzliche Fragen zu klären: Wird gepachtet oder
gemietet? Wer wird Vertragspartner und Träger des Projekts? Schließlich die
Finanzierung. Joos van den Dool rechnet auch auf Basis der Erfahrungen
anderer Initiativen wie des Projekthauses Babelsberg mit Kosten von bis zu
zwei Millionen Euro.
Erste Vorbereitungen für die Gartensaison gab es bereits: Hinter dem Restaurant liegen mehrere Hügel mit Holz- und Rindenmulch, Komposthaufen sind angelegt, auch die „Schaue Bude“ ist da, der bunte Bauwagen, der schon bei den bisherigen Arbeitseinsätzen zur Imbissstube wurde.
Die Ausflugsgaststätte „Charlottenhof“ an der Geschwister-Scholl-Straße/Höhe Kastanienallee in unmittelbarer Nähe eines Zugangs zu Park Sanssouci wurde ab 1969 errichtet und im Juli 1971 eröffnet. Vorbild für den Bau der Konsumgaststätte war das Restaurant „Saaleaue“ im Kulturpark Halle (Sachsen-Anhalt). Markanter Bestandteil der Konstruktion ist der große, lichtdurchflutete Saal mit einem an einer Trageseilkonstruktion aufgehängten Dach. Der Saal hatte bei 300 Quadratmeter Fläche 196 Sitzplätze. Der gesamte Gebäudekomplex umfasst 1000 Quadratmeter Fläche.
Das Stadtteilnetzwerk Potsdam-West wurde 2010 gegründet. Zu den bekannten Projekten gehören mit der Westkurve und der Platte zwei Anlagen für Spiel, Sport und Freizeit, das Kunsthaus Scholle 51, das künftige Nachbarschaftszentrum Scholle 34 und die Begegnungsstätte Brückenbogen in der Stadtheide.