Andrea Lütkewitz

Die Halle aus Halle

Konsum-Gaststätte, Diskothek, Trattoria: Die „Scholle 34“ hat große Typveränderungen hinter sich und ist stark verfallen. Jetzt soll das DDR Gebäude saniert werden.

Potsdam – Die Wände sind schwarz und haben Löcher. Hier und da wurden ein 
paar leuchtende Sterne aufgemalt, hinzu kommen Herzchen und „I love you“ 
sowie Reste von herabhängender Technik. Die letzte Nutzung des 300 
Quadratmeter großen Veranstaltungssaals der ehemaligen DDR Ausflugsgaststätte „Charlottenhof“ in der Geschwister-Scholl-Straße 34 hat den 
ursprünglichen Bau stark verändert. Für den Betrieb der Diskothek „Charly“ in 
den 1990er-Jahren wurde er aus Lärmschutzgründen gedämmt und vernagelt. 
Auch der sich anschließende Leerstand ist der Halle nicht gut bekommen. 
Zu DDR-Zeiten ein zentraler Veranstaltungsort 
„Bis 1991 hat es hier ganz anders ausgesehen“, erzählt Daniel Zeller,  Netzwerkkoordinator des Stadtteilnetzwerkes Potsdam-West e.V., das hier den Netzwerkkoordinator des Stadtteilnetzwerkes Potsdam-West e.V., das hier den Nachbarschaftstreff „Scholle 34“ aufbaut. „Die Außenwände bestanden aus großen Fenstern, es war ein lichtdurchfluteter Raum.“ Er selbst habe hier 1991 den Abschlussball seines Tanzkurses erlebt, sagt er, und der Schutt unter seinen Schuhen knirscht, als er durch den Raum läuft. Der Saal war zu DDR Zeiten ein zentraler Veranstaltungsort für Konferenzen, Betriebsfeste und Tanz.

Viel ist derzeit aber nicht mehr davon übrig. 
Mitglieder des Nachbarschaftstreffs befreien seit 2014 in regelmäßigen 
Arbeitseinsätzen das Grundstück von Wildwuchs und Gerümpel. Entstehen 
sollen hier Projekt- und Kreativräume, eine kleine Gastronomie und Raum für 
Veranstaltungen. Eine Absichtserklärung zwischen der Eigentümerin – der 
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) – und dem Verein gibt es 
bereits, münden soll diese auch bald in einem Nutzungsvertrag. Und jetzt will 
man noch einen Schritt weitergehen und das marode DDR-Gebäude sanieren: 
„Wir möchten die ursprüngliche Architektur in ihrer Besonderheit sichtbar 
machen“, erklärt Zeller – ein Raumplanungskonzept dafür sei bereits in Arbeit. 
Gaststätte auf dem Scholle-Grundstück 
Und tatsächlich schlummerte lange Zeit eine besondere DDR-Architektur im 
Dornröschenschlaf auf dem verwilderten Grundstück. Als nach 1945 die 
Bevölkerungsdichte im Stadtteil zunahm und verstärkt Sanssouci-Besucher 
anreisten, wuchs auch der Bedarf an Gastronomie, an der es noch in den 
1960er-Jahren in der DDR mangelte. Das hatte unter anderem mit 
Lieferengpässen zu tun. Doch wer die Versorgung von Gaststätten garantieren 
konnte, das war der Verband der Konsumgenossenschaften der DDR. Von ihr 
kam dann schließlich der Auftrag, auf dem Scholle-Grundstück eine Gaststätte 
zu bauen, das die Potsdamer Schlösserverwaltung damals zur Verfügung 
stellte. 
In einem Architektenkollektiv der Stadt Potsdam wurde es dann 1968 konkret. 
Einer, der als damaliger Chef der staatlichen Bauaufsicht am Bau beteiligt war, 
ist Karl-Heinz Rönn. Der 87-Jährige, der selbst seit 1958 in Potsdam-West lebt, 
erinnert sich, dass es sich um einen sogenannten Initiativbau außerhalb der 
städtischen Jahresplanung handelte. Damit seien „viel Organisation“ und die 
Arbeit von „Feierabendbrigaden“ verbunden gewesen. Das waren Arbeiter, die 
Handwerker-Mangel ausgleichen sollten und abends und am Wochenende 
arbeiteten. „Ich selbst habe deshalb auch nach Feierabend an diesem Projekt 
gearbeitet“, erzählt der Rentner. 
Für die Planung des Gebäudes griff man auf einen Restaurantbau zurück, der 
auf der Peißnitzinsel in Halle in Sachsen-Anhalt gebaut wurde – anlässlich der 
10. Arbeiterfestspiele, ein kulturelles Großereignis in der DDR. Die Wende 
überstand das Restaurant nicht, es wurde abgerissen. 
Besondere Architektur 
Einen solchen Typenbau auch woanders zu bauen und den lokalen 
Bedürfnissen anzupassen, war in der DDR nichts Außergewöhnliches. Die 
Architektur war hingegen schon etwas Besonderes. Um im Innern des 
kubischen Baus mehr Platz zu gewinnen, wurde die Dachplatte an Stahltrossen 
aufgehängt, gehalten von vier großen Stahlmasten im Außenbereich, den 
sogenannten Pylonen – ähnlich der Hallenkonstruktion im Sportpark 
Luftschiffhafen. Für die 1960er-Jahre war das sehr modern. In Potsdam sind die 
Stahlmasten derzeit an der rechten und linken Seite des Gebäudes gut zu 
erkennen, zur Straßenfront hin sind sie noch von Grün verdeckt. Es ist ein 
unaufdringlicher Bau, ein Blickfang, der sich dennoch „dezent in das 
angrenzende Weltkulturerbe einfügt“, so Zeller. 
1971 war dann schließlich mit der Eröffnung des großen Saals alles fertig, und 
neben der regulären Gastronomie gab es auch Schüler- und Rentnerspeisung. 
Doch kurz nach dem Ende der DDR war dann Schluss, die Diskothek „Charly“ 
zog bis Ende der 1990er ein, später eröffnete eine Trattoria. 2010 schloss auch 
die und das Gebäude drohte zu verfallen. Doch 2014 kam dann das 
Stadtteilnetzwerk auf den Plan. Die Unterstützung für das Vorhaben sei groß, 
auch seitens der Schlösserstiftung. Diese gab 2011 ein Gutachten in Auftrag, in 
dem der „architektonische Wert“ der heutigen „Scholle“ hervorgehoben und eine 
Empfehlung für einen Erhalt ausgesprochen wurde, so Zeller. 
„Hier war immer Leben“ 
Im Verein sei man sich einig, dass die „Scholle 34“ der zentrale Ort des 
Netzwerkes werden soll, so Zeller. Dass es Probleme angesichts der Debatte 
über den Erhalt von DDR-Gebäuden geben könne, glaubt er nicht. „Es ist schön, dass die ,Scholle’ nicht in der Stadtmitte steht und es darüber, dass wir 
ein DDR-Gebäude wieder herrichten wollen, keinen Dissens gibt.“ Finanziert 
werden soll die Sanierung zunächst über Spenden, zudem hofft man auf 
finanzielle Unterstützung durch die Stadt – Anträge dafür seien bereits in Arbeit. 
Karl-Heinz Rönn, der so viele Überstunden in dem Gebäude gelassen hat, 
würde es jedenfalls freuen, wenn eine Sanierung realisiert und statt der 
schwarzen Wände wieder Glas zum Vorschein käme: „Ich war oft da, und mein 
Sohn hat hier seine Jugendweihe gefeiert“, sagt er. „Hier war immer Leben.“ 

Datum:

25.05.2016

Kategorie:

Quelle:

Andrea Lütkewitz (PNN)

Änderung:

4 Monaten her

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